C/O Berlin Talent Award 2025

Sheung Yiu / Megan Williams
Prediction Regime, 2024 © Sheung Yiu
Facial Landmarks, 2017 © Sheung Yiu

C/O Berlin freut sich, den C/O Berlin Talent Award 2025 in der Kategorie Artist an den Künstler Sheung Yiu (*1991, HKG/FIN) zu vergeben. Die ausgezeichnete Arbeit (Inter)Faces of Predictions wird in einer Einzelausstellung vom 7. Feb – 10. Jun 2026 bei C/O Berlin präsentiert. Auf der Shortlist 2025 stehen die Künstler:innen David de Beyter (*1985, FRA), Olia Koval (*2001, UKR), Amandine Kuhlmann (*1992, FRA) und Cheryl Mukherji (*1995, IND/USA). 

Der C/O Berlin Talent Award 2025 in der Kategorie Theorist geht an Megan Williams (*1995, UK), die den ersten kunsttheoretischen Essay über das Gewinner-Projekt verfassen wird. Der Essay wird zusammen mit einem Interview mit Sheung Yiu in einer monografischen Publikation bei Spector Books erscheinen, die C/O Berlin anlässlich der Einzelausstellung des Künstlers herausgibt. 

In seinem Gewinner-Projekt (Inter)Faces of Predictions untersucht Sheung Yiu, wie Gesichter in unterschiedlichen Kulturen und technologischen Kontexten zur Vorhersage von Charaktereigenschaften und der Zukunft verwendet werden. Er verbindet traditionelle ostasiatische Praktiken der Gesichtsanalyse mit westlichen physiognomischen Theorien sowie zeitgenössischen Gesichtserkennungstechnologien. Anhand der Analyse seines eigenen Gesichts zeigt er auf, wie sowohl historische Glaubenssysteme als auch moderne algorithmische Verfahren ähnliche Vorurteile und stereotype Vorstellungen reproduzieren. Das Projekt lädt dazu ein, kritisch über die Art und Weise nachzudenken, wie wir Gesichter interpretieren und welche Annahmen wir dabei treffen. Indem Yiu historische mit gegenwärtigen Diskursen, Archivmaterial mit eigenen fotografischen Arbeiten und technologische Methoden mit künstlerischer Praxis verbindet, schlägt er inhaltlich wie methodisch eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Kunst und Wissenschaft. 

Between Two Charts, 2023
© Sheung Yiu
Gewinner:innen
Cruel Eyes and Deceitful Ears, 2024
© Sheung Yiu

Sheung Yiu (*1991, HKG/FIN) ist ein in Hongkong geborener, visueller Künstler und Forscher, der in Helsinki lebt. In seiner künstlerischen Arbeit untersucht er Bildpraktiken, die an der Schnittstelle von allgegenwärtiger Fotografie und groß angelegter Datenverarbeitung entstehen. Derzeit beschäftigt er sich mit der Geschichte des Gesichtlesens und der Gesichtserkennung, um zu verstehen, wie Fotografien zu Vorhersagen werden. Seine Arbeiten manifestieren sich in Form von Fotografien, Videoessays, Desktop-Performances, Ausstellungsinstallationen und Künstlerbüchern. 

Megan Williams überzeugte die Jury mit klarsichtigen und innovativen Überlegungen dazu, wie neue Bildtechnologien nicht nur bestehende Machtverhältnisse fortschreiben, sondern auch grundlegende Fragen nach Sichtbarkeit, Kontrolle und Wahrheit aufwerfen. Ihre Reflexionen lassen sich auch auf die Methoden und Technologien des Gesichtlesens übertragen, die im Zentrum von Sheung Yius Projekt (Inter)Faces of Predictions stehen. Indem sie technische, medienkritische und ethische Perspektiven miteinander verknüpft, ergänzt Williams’ theoretische Position die diesjährige künstlerische Arbeit auf inspirierende Art und Weise. 

Megan Williams (*1995, UK) ist Autorin, Redakteurin und Forscherin im Bereich Kunst mit Sitz in London. Ihre Texte wurden unter anderem im Guardian, bei Elephant, CNN und Creative Review veröffentlicht, wo sie von 2019 bis 2025 Teil des Redaktionsteams war. 2024 präsentierte sie ihre Forschung zur Darstellung gesellschaftlicher Unruhen im Zeitalter Künstlicher Intelligenz im Rahmen eines Symposiums der Photographers’ Gallery und der University of Westminster. Ihr Fokus liegt auf künstlerischen Praktiken und kritischen Theorien, die das Verhältnis von Bildproduktion, Technologie und Kultur untersuchen – einschließlich ethischer Fragestellungen. 

Jury

Die Jury für die Kategorie Artist, bestehend aus Hannah Darabi (Fotografin), Veronika Epple (Junior-Kuratorin, C/O Berlin Foundation), Dr. Jörg Garbrecht (Direktor, Alexander Tutsek-Stiftung; Stimmenthaltung), Clare Grafik (Ausstellungsleitung, Photographers‘ Gallery, London), Sophia Greiff (Co-Programmleitung/ Kuratorin, C/O Berlin Foundation) und Ufuk Şahin (Drucker und Verleger, MAS Istanbul). 

Hannah Darabi, Ufuk Şahin, Sophia Greiff, Clare Grafik, Veronika Epple, Dr. Jörh Garbrecht
© C/O Berlin Foundation, David von Becker
Annekathrin Kohout, Veronika Epple, Sophia Greiff © C/O Berlin Foundation, David von Becker

Die Jury für die Kategorie Theorist, bestehend aus Veronika Epple (Junior-Kuratorin, C/O Berlin Foundation), Sophia Greiff (Co Programmleitung/ Kuratorin, C/O Berlin Foundation) und Annekathrin Kohout (Freie Autorin und Kulturwissenschaftlerin) hat aus einer Vielzahl internationaler Einreichungen, die sich über einen Open Call beworben haben, einstimmig entschieden. 

Shortlist
Smash, 2023
© David de Beyter/ ADAGP, Paris. Courtesy of the artist and Gallery Bacqueville

In Last Rites als Teil einer fiktiven Milieustudie, die als dreiteiliger Zyklus angelegt ist, widmet sich David de Beyter (*1985, FRA) einer ungewöhnlichen sozialen Szene: dem Rennen mit alten, schrottreifen Autos – sogenannten Stock-Car-Races. Ähnlich wie die beiden Vorgänger-Projekte soll Last Rites als 16mm-Film von der Szene, die sich um diese Autos formiert, erzählen und zeigen, wie sie ihre eigenen Rituale entwickelt. Die Jury war beeindruckt davon, wie de Beyter Wirklichkeit und Inszenierung miteinander verbindet.Sophia Greiff und Veronika Epple

Joey, 2025
© David de Beyter/ ADAGP, Paris. Courtesy of the artist and Gallery Bacqueville

Olia Koval (*2001, UKR) Projekt 12 frames eröffnet uns eine neue Perspektive auf das Dokumentieren eines Alltags in Kriegszeiten. Anstelle eines traditionellen, einheitlichen Blickwinkels zeigt sich ein vielschichtiges Panorama, das uns zwingt, darüber nachzudenken, wie Krieg und seine Folgen in den Alltag eindringen – von spielenden Kindern zwischen Panzerfallen bis hin zu Gedenkstätten an Gräbern, die in einer ansonsten alltäglichen Landschaft auftauchen. Trotz des Schreckens erinnern uns diese stillen, beobachtenden Erzählungen daran, dass das Leben in der Ukraine weitergeht und sich anpasst – und dass die Verbindung zwischen Menschen, ihren Gemeinschaften und der Landschaft tief verwurzelt bleibt. – Clare Grafik 

Destroyed building, Chernihiv, Ukraine, from the series 12 frames, 2023 © Olia Koval
Food Distribution in Kyiv, aus der Serie 12 frames, Kyjiw, Ukraine, 2023 © Olia Koval
Fame Won‘t Love You, 2023
© Amandine Kuhlmann

In Cash Me Online setzt sich Amandine Kuhlmann (*1992, FRA) auf humorvolle und reflexive Art mit den Themen Selbstinszenierung und weiblicher Identität im digitalen Raum auseinander. In performativen Videos und Selbstporträts inszeniert sie eine digitale Alter-Ego-Figur, die sich zwischen Selbstüberzeugtheit, Scheitern und Empowerment bewegt. Dabei nutzt Kuhlmann die Content-Formen sozialer Plattformen wie TikTok oder Instagram, um stereotype Darstellungen des weiblichen Körpers zu hinterfragen.Sophia Greiff und Veronika Epple

I‘m Just a Girl, 2023
© Amandine Kuhlmann

In ihrer Arbeit Wanted Beautiful Home Loving Girl stellt Cheryl Mukherji (*1995, IND/USA) Fotografien von Frauen aus ihrem Familienalbum selbst aufgenommenen Porträts aus ihrem Studio gegenüber. Die Familienfotos, die nach den gängigen Regeln der indischen Studiofotografie im Zusammenhang mit einer Zwangsheirat aufgenommen wurden, zeigen die starren Körper von Frauen, zusammen mit anderen Objekten, in einem traditionellen Interieur. Im Gegensatz dazu zeigen Mukherjis Selbstporträts den fragmentierten weiblichen Körper – befreit von traditioneller Kleidung und eingebettet in das Chaos ihrer zeitgenössischen Umgebung. Durch diese Gegenüberstellung hinterfragt sie kritisch die Darstellung von Frauen in der traditionellen indischen Gesellschaft, wie sie sich in ihren Familienalben widerspiegelt. Daraus entstehen aufwendig gestaltete, farbenprächtige Installationen, in denen verschiedene fotografische Ausdrucksformen in Dialog mit Objekten der indischen Kultur treten – und uns in einen fantastischen, theatralen Raum hineinziehen. – Hannah Darabi

American Bride, 2023
© Cheryl Mukherji
I Want a Home, 2022
© Cheryl Mukherji
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