Gregor Hildebrandt

Die Schwelle zur Treppe
Installationsansicht "Die Schwelle zur Treppe" © David von Becker
Gregor Hildebrandt, Artistic Intervention 2018
Gregor Hildebrandt, Artistic Intervention 2018 © David von Becker

Ein kleiner Schnipsel von einer Kassette, Schallplatte oder VHS-Kassette, auf der sich ein Kuss auf der Leinwand, die Worte „Ich muss leider gehen“ oder ein Musikstück eingefroren haben. Gregor Hildebrandts Ausgangsmaterialien sind analoge Datenträger, aus denen er minimalistische, dabei häufig raumgreifende Installationen schafft. Die in Fragmente zerlegten Ton- oder Videobänder lassen sich nicht mehr abspielen und ihr Inhalt nicht mehr verifizieren. Die auf den pechschwarzen Bändern gespeicherten Filmszenen oder Musikaufnahmen sind durch die künstlerische Transformation unsichtbar und unhörbar geworden. Die Faszination des Betrachters liegt gleichermaßen in der Imagination des Inhalts als auch in dem fragil-schwarzen Material, das matt oder glänzend und je nach Perspektive seine Oberfläche verändert.

Gregor Hildebrandt, Artistic Intervention 2018 © David von Becker
Gregor Hildebrandt, Artistic Intervention 2018 © David von Becker
Gregor Hildebrandt, Artistic Intervention 2018
Gregor Hildebrandt, Artistic Intervention 2018 © David von Becker

C/O Berlin präsentiert in seinem Café im Amerika Haus eine Kombination der beiden Arbeiten Die Schwelle (2012) sowie Scala (2009): Für Die Schwelle hat Hildebrandt die Oberfläche der zerbrochenen Pflastersteine, die sich in der Durchfahrt zu seinem Atelier befinden, mittels der speziellen Drucktechnik „Frottage“ zunächst auf Pergamentpapier und anschließend auf die Leinwände übertragen. Darauf liegt eine weitere Schicht aus zerschnittenen Tonbändern, auf die er vorher alltägliche Geräusche, wie Vogelzwitschern, Auto- und Straßenlärm, Wind oder Regenfall aufgenommen hatte. Die Schwelle zählt zu jenen bekannten Arbeiten von Gregor Hildebrandt, die sich erst nach genauem Hinsehen offenbaren. In der Spiegelung der 78-teiligen Arbeit werden Tonbänder, Brüche, Risse und Fugen erkennbar, die sich erst aus der Ferne betrachtet zu einer abstrakten Arbeit zusammenfügen.

Die Arbeit Scala ist die Reliquie eines Wandbildes, das für den gleichnamigen Berliner Nachtclub 2008 realisiert wurde. Das darauf gemalte Zitat ist aus dem Buch Kleine Titanen von Nescio entnommen. Nach der Schließung des Clubs im Jahr 2009 schnitt Hildebrandt sein Kunstwerk aus der Wand heraus und machte es somit zu einem Objekt.

Nach der Präsentation der Arbeiten von Michail Pirgelis (2015), Karsten Konrad (2016) und
Brigitte Waldach (2017) ist die Installation von Gregor Hildebrandt die vierte künstlerische Position im Rahmen des erweiterten Raum- und Ausstellungskonzeptes von C/O Berlin im Amerika Haus. C/O Berlin dankt der Galerie Wentrup für die Unterstützung bei der Umsetzung des Projektes.

Biografie

Gregor Hildebrandt
geboren 1974 in Bad Homburg vor der Höhe, lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Universität der Künste Berlin und lehrt seit 2015 als Professor an der Akademie der Bildenden Künste in München. Seine Arbeiten wurden zuletzt u.a. im Centre Pompidou in Paris, Haus der Kunst in München und in der Berlinischen Galerie gezeigt. Sie sind in zahlreichen nationalen und internationalen Sammlungen vertreten. Hildebrandt ist unter anderem Preisträger des Falkenrot Preises des Künstlerhaus Bethanien in Berlin (2016).