Laura Huertas Millán

Curanderxs . After Nature Prize 24
14. Sep 2024 – 22. Jan 2025
Para la Coca, 2024, Film Still © Laura Huertas Millán

Kaum eine Pflanze ist so umstritten wie die Kokapflanze. In der westlichen Welt wird sie hauptsächlich mit dem Rauschmittel Kokain in Verbindung gebracht, das erstmals im Europa des 19. Jahrhunderts hergestellt wurde und ein gewaltvolles System des Drogenhandels und -missbrauchs hervorgebracht hat. Dass die Pflanze durch ihre heilende und stimulierende Wirkung eine kulturelle und spirituelle Bedeutung für die indigene Bevölkerung der Andenregion hat, verweist auf eine Leerstelle in der Geschichtsschreibung, die nicht zuletzt auf die westliche Wissenshegemonie zurückzuführen ist. Seit 2018 beschäftigt sich die kolumbianische Filmemacherin Laura Huertas Millán in ihren Arbeiten mit der Kokapflanze.

Para la Coca, 2024, Film Still © Laura Huertas Millán
Curanderxs, 2024, Film Still © Laura Huertas Millán

Die Ausstellung Curanderxs (span. Heiler:innen) präsentiert neben der gleichnamigen Multikanal-Projektion, die im Rahmen des After Nature . Ulrike Crespo Photography Prize 24 neu produziert wurde, zwei weitere Videoinstallationen der Künstlerin. Ausgehend von dem erstmaligen Verbot der Pflanze im Zuge der spanischen Kolonisierung Lateinamerikas entwickelt Huertas Millán in ihrer neuen Arbeit ein spekulatives Narrativ, in dessen Zentrum eine Gruppe weiblich gelesener Personen steht, die im 17. Jahrhundert heimlich Kokablätter verteilten. Als Reaktion auf die wenigen erhaltenen Quellen nutzt die Künstlerin die Fiktion als Strategie und imaginiert eine fragmentarische Erzählung über die koloniale Vereinnahmung der Natur. In einer Ästhetik, die als Verweis auf die Stille der Archive an den frühen Stummfilm angelehnt ist, treten aus den dunklen Tiefen der Untergrundlandschaften mutige Akteur:innen hervor, indem sie versklavte indigene Arbeiter durch die heimliche Verteilung von Kokablättern unterstützten.

In El Laberinto (2018) kombiniert Huertas Millán Found Footage mit eigenem 16-mm-Material aus Kolumbien. Der Film folgt den labyrinthischen Erinnerungen von Cristobal Gómez Abel, der in den 1980er Jahren für die Drogenbarone im kolumbianischen Amazonasgebiet arbeitete. Dieser führt durch den Wald und die Ruinen einer Narco-Villa, die der amerikanischen Seifenoper Der Denver-Clan aus den 1980er Jahren nachempfunden ist. Durch ihre Bildsprache erzeugt Huertas Millán einen immersiven Raum, der Themen wie Trauma, Erlösung und die Suche nach Identität behandelt.

El Laberinto, 2018, Film Still © Laura Huertas Millán
El Laberinto, 2018, Film Still © Laura Huertas Millán

Schließlich blickt die Film-Projektion Para la Coca (2024) auf die gegenwärtige rituelle Nutzung der Kokapflanze in der indigenen Community in Kolumbien – jenseits kolonialer Einschreibungen und Kriminalisierung. Abermals gemeinsam mit Cristobal Gómez Abel erarbeitet, erzählt der Film von einem Mythos der Murui, in dem die Kokapflanze als Gottheit in der Gestalt eines Mädchens dargestellt wird, das seine Gemeinschaft über den ethischen Gebrauch der Pflanze belehrt. Der Film unterstreicht die Bedeutung, diese kulturellen Praktiken zu respektieren und zu bewahren. Mit Curanderxs zeigt C/O Berlin die erste monografische Ausstellung von Laura Huertas Millán in Deutschland und versammelt zudem ihre aktuellsten Arbeiten über die Kokapflanze in einer gemeinsamen Präsentation. 

Die Doppelausstellung der beiden Preisträger:innen Laura Huertas Millán und Sarker Protick wird von Katharina Täschner, Junior-Kuratorin bei C/O Berlin, kuratiert. Es erscheint eine begleitende Publikation bei Hartmann Books.

Biografie

Laura Huertas Millán (*1983, Kolumbien) ist Künstlerin und Filmemacherin. Sie wurde an der Université PSL (SACRe-Programm) in Paris promoviert und hat in diesem Rahmen am Sensory Ethnography Lab der Harvard University geforscht. Ihre Filme waren auf führenden Festivals vertreten, unter anderem beim Filmfestival von Locarno, dem FIDMarseille, Doclisboa in Lissabon und Videobrasil in São Paulo. Das MASP São Paulo, das Maison des Arts de Malakoff und das Museum of Modern Art in Medellín zeigten Einzelausstellungen ihrer Arbeiten. Zudem waren ihre Arbeiten im Centre Pompidou und im Jeu de Paume in Paris, im Guggenheim Museum in New York, auf der Times Art Berlin und der Liverpool Biennale, FRONT International – Cleveland Triennial for Contemporary Art, der Videonale in Bonn und der Sharjah Biennale zu sehen. Sie lebt und arbeitet in Frankreich.

C/O Berlin Asks
After Nature Prize 24

Gemeinsam mit der Crespo Foundation verleiht C/O Berlin ab 2024 den After Nature . Ulrike Crespo Photography Prize. Benannt nach der Stifterin und Fotografin Ulrike Crespo (1950–2019), würdigt der Preis internationale Künstler:innen, die anhand von Fotografie und Lens-Based Media auf die veränderten Ökologien der Gegenwart reagieren.

Sarker Protick ist ebenfalls Gewinner des After Nature . Ulrike Crespo Photography Prize und Teil der Doppelausstellung. Protick erforscht in seinem prämierten Projekt die menschengemachten Veränderungen auf dem indischen Subkontinent. Seine Arbeit überträgt die Kolonialgeschichte Bengalens in eine fotografische Untersuchung der Gegenwart und beleuchtet den Einfluss des Imperialismus auf die Klimakrise.

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