Cortis & Sonderegger
Robert Capas fallender Soldat im spanischen Bürgerkrieg, Henri Cartier-Bressons Bild eines Mannes am Gare Saint-Lazare, der über eine Pfütze springt, Man Rays surrealistische Violinenfrau, Nosferatus Schatten aus F. W. Murnaus Stummfilm-Klassiker, der Fußabdruck des ersten Menschen auf der Mondoberfläche, das World Trade Center in Flammen – wir kennen sie alle, diese symbolhaften Szenen und ikonischen Bilder, die sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt haben. Sie zählen zu den bedeutendsten und wohl meist diskutiertesten Bildern der Film- und Fotogeschichte. Das Künstlerduo Jojakim Cortis und Adrian Sonderegger rekonstruieren seit 2012 in ihrem Langzeitprojekt Icons diese weltbekannten Bilder detailgetreu als dreidimensionale Dioramen, Modelle in Miniatur, die sie mitsamt aller Utensilien und Materialien wie Karton, Gips, Kleber, Watte und Sand erneut als fotografisches Bild ablichten.
Eine akribische Bricolage und bildhauerische Leistung der Künstler, die stets die Fragen nach sich ziehen: Ist das echt? Oder ein Surrogat? Dabei faszinieren und irritieren ihre Aufnahmen gleichermaßen nicht nur durch ihre Perfektion und kühne Inszenierung der nahezu identisch nachgestellten Bilder, sondern Cortis und Sonderegger legen auf humorvolle Weise auch immer wieder die bildnerische Illusion offen, indem sie die Ateliersituation in ihren Fotografien einbeziehen. Ihre Aufnahmen sind ein raffiniertes Spiel zwischen fotografischer Wahrheit und Manipulation.
In einer Zeit, in der wir über die Authentizität von Bildern sowie alternative und falsche Fakten diskutieren, fordern die Arbeiten von Cortis und Sonderegger dazu heraus, die Fotografie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Icons ist aber auch eine ironisch unterhaltsame Reflexion über Fotografie als Medium, das die Realität behauptet, aber ein Produkt medialer Vermittlung ist. Die Sinne sensibilisieren und das Sehen schärfen: So verstehen auch Cortis und Sonderegger ihren künstlerischen Auftrag.
Die Ausstellung Cortis & Sonderegger . Double Take entstand in Zusammenarbeit von C/O Berlin mit der Fotostiftung Schweiz. Die gleichnamige Publikation ist bei Lars Müller Publishers, Zürich (Deutsch) und Thames & Hudson (Englisch) erschienen und begleitet die Schau.
Jojakim Cortis
(*1978, Aachen, Deutschland) ist freischaffender Fotograf und Dozent. Cortis lebt und arbeitet seit 2001 in Zürich. 2006 absolvierte er sein Studium der Fotografie an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), wo er auch seine Zusammenarbeit mit Adrian Sonderegger beginnt und seit 2009 als technischer Assistent und Dozent lehrt.
Adrian Sonderegger
(*1980, Bülach, Schweiz) ist freischaffender Fotograf und Dozent. Sonderegger lebt und arbeitet seit 2001 in Zürich. Gemeinsam mit Jojakim Cortis studierte er Fotografie an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Von 2007 bis 2011 war er als Assistent des Künstlers Jules Spinatsch tätig. Cortis & Sondereggers Werke wurden weltweit auf Festivals und in Museen ausgestellt. Sie unterrichten gemeinsam an verschiedenen Kunstschulen.