Kraftwerk Jugend

Talents 28 . Daniel Seiffert / Agneta Jilek
14. Jul 2012 – 11. Sep 2012
A.d.S. Kraftwerk Jugend © Daniel Seiffert
A.d.S. Kraftwerk Jugend © Daniel Seiffert
A.d.S. Kraftwerk Jugend © Daniel Seiffert
A.d.S. Kraftwerk Jugend © Daniel Seiffert
© Marc Volk
© Marc Volk

"Was ist die Großstadt gegen die Freunde, bei Finsterwalde leben noch drei. Halten sich wacker auf dem Parkplatz und sehen den Autos Richtung Süden nach. Hinter dem Feld nach dem Spiel gehört der Abend den Gardinen. Und der Wald schweigt sich aus und dann ist irgendwann Ruhe."
Aus dem Song "Finsterwalde" von Jacques Palminger & Erobique

Der Südosten Brandenburgs. Einst eine bedeutende Industrieregion der DDR. Heute geprägt von wirtschaftlicher Rezession, Arbeitslosigkeit und Bevölkerungsrückgang – ein Prozess, der sich unweigerlich in das Stadtbild von Finsterwalde, Hoyerswerder oder Lübbenau und das soziale Miteinander einprägt. Wie wächst die Jugend an einem Ort auf, der fortwährend schrumpft und altert? Über ein Jahr lang hat Daniel Seiffert die Folgen dieses Verfalls anhand der Lebensweise von Jugendlichen in Lübbenau dokumentiert, deren persönliche Entwicklung der ihres Umfeldes entgegengesetzt ist, wenn nicht sogar ihrer widersetzt. Das Kaleidoskop seiner Bilder dreht sich um den oft thematisierten, unsteten Schwebezustand zwischen Heranwachsen und Erwachsenwerden. Ein universelles Gefühl des Innehaltens und Aufbruchs – auch in der ostdeutschen Provinz.

Innerhalb der Farbfotografien überwiegen Porträtdarstellungen der jugendlichen Bewohner Lübbenaus. Daniel Seiffert zeigt wie sie zur Tages- und Nachtzeit von ihrer Kleinstadt Besitz nehmen. Wie sie in ausgedienten Industriebrachen, im Skatepark, an Haltestellen oder auf den Park und Spielplätzen der Plattenbaugebiete zusammenkommen und ihre Freizeit verbringen. Wie sie einzeln oder in Gruppen auf Plätzen stehen und auf etwas zu warten scheinen oder wie sie in einer unbestimmten Bewegung begriffen sind. Wie sie die verlassenen Industriebrachen – sogenannte identitätslose Nicht-Orte – mit neuer Bedeutung aufladen, schon allein weil sie sich darin aufhalten und die Wände mit ihren Tags markieren. Was die Protagonisten der Serie vereint, ist nicht nur ihre Herkunft, sondern auch ihr Alter: Sie sind nach 1989 direkt in das wiedervereinte Deutschland hineingeboren. Nur die Geschichten der Eltern und die architektonischen Relikte der Vorwendezeit, die in der brandenburgischen Kleinstadt an vielen Plätzen zu finden sind, erinnern sie noch unmittelbar an den "ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden".