Ulrich Seidl . Paradies
„Ich liebe es, hautnahe Bilder zu machen. Menschen in ihrer Physis ungeschminkt zu zeigen. Gerade darin, in dem Ungeschönten, liegt für mich so etwas wie Schönheit.“ Ulrich Seidl
Sexualität, Spiritualiät und Körperlichkeit – drei Frauen einer Familie suchen ihre tiefsten Sehnsüchte auf verschiedene Weisen zu stillen. Die Mutter als Sextouristin, ihre Schwester als missionierende Katholikin und die Tochter als Teenager in einem Diätcamp. Mit radikaler Aufgeschlossenheit porträtiert Ulrich Seidl in seiner filmischen Trilogie „Paradies“ die Einsamen und Hässlichen, die Außenseiter und Deformierten der Gesellschaft sowie ihre zum Scheitern verurteilten Ausbruchsversuche aus ungleichen Machtspielen, klaustrophischer Enge und sozialen Zwängen. In beeindruckenden, fotografischen Tableaus blickt der Regisseur auf die Körper der Protagonistinnen wie der Maler Lucian Freud auf seine Modelle. Tatsächlich sind seine reduzierten Bildeinstellungen bis ins Detail durchkomponiert und ästhetisierend, was in starkem Kontrast zu den vulgären Motiven steht. Die Ausstellung präsentiert die spektakulärsten Standbilder aus der Trilogie zwischen Voyeurismus und Mitgefühl, Tragik und Komik.
Der Film „Liebe“ spielt an den Stränden von Kenia, in einem Urlaubsresort, wo sich die 50jährige Teresa unter andere alternde Sextouristinnen mischt, um die Liebe zu finden. Sie wechselt von einem Beachboy zum nächsten, von einer Enttäuschung zur anderen. Die Liebe am Strand von Kenia ist ein Geschäft. Im Kammerspiel „Glaube“ untersucht Ulrich Seidl, was es bedeutet, das Kreuz auf sich zu nehmen. Für Anna Maria, Röntgenassistentin und Schwester von Teresa, liegt das Paradies bei Jesus. Fanatisch missioniert sie in ihrem Urlaub mit einer Wandermuttergottes-Statue und liefert sich mit dem entfremdeten muslimischen Gatten einen ehelichen Kleinkrieg. Im letzten Teil „Hoffnung“ erzählt Ulrich Seidl von Melanies Aufenthalt in einem streng geführten Diätcamp für übergewichtige Teenager im Wechselgebirge, wo sie sich in den um 40 Jahre älteren Arzt und Leiter des Lagers verliebt. Sie liebt ihn mit der Ausschließlichkeit der ersten Liebe und will ihn in aller Unschuld verführen. Doch der Doktor kämpft gegen die Schuld dieser Liebe an, wissend um ihre Unmöglichkeit.
C/O Berlin präsentiert erstmals eine Ausstellung von Ulrich Seidl mit ca. 60 Standbildern aus der Trilogie. Zeitgleich erscheint eine Publikation mit Texten von Elfriede Jelinek, Marina Abramovic, Helene Hegemann, Ulrich Seidl u. a. bei Hatje Cantz.