C/O Berlin Talent Award 2020
C/O Berlin freut sich den diesjährigen C/O Berlin Talent Award 2020 in der Kategorie Künstlerische Fotografie an die deutsch-albanische Multimedia-Künstlerin Anna Ehrenstein zu vergeben. Die ausgezeichnete Arbeit Tools for Conviviality wird in einer Einzelausstellung vom 27. März bis 5. Juni 2021 bei C/O Berlin im Amerika Haus in der Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin präsentiert.
Der C/O Berlin Talent Award 2020 in der Kategorie Theorie geht an die amerikanische Autorin Emily Watlington. Sie verfasst den ersten kunsttheoretischen Essay über die Arbeit Tools for Conviviality von Ehrenstein. Der Essay erscheint zusammen mit einem Interview mit der Künstlerin in einer monografischen Publikation bei Spector Books, die C/O Berlin anlässlich der Einzelausstellung der Künstlerin herausgibt.
Die vier Künstler*innen Laura Ben Hayoun (FR), Esther Hovers (NL), Alexander Rosenkranz (DE) und Alina Schmuch (DE) sind für die Shortlist 2020 nominiert.
Anna Ehrenstein
(*1993, AL/DE) erforscht den Austausch von Mensch und Objekt im digitalen Zeitalter. Sie hat Fotografie und Medienkunst an der Fachhochschule Dortmund studiert sowie ein Postgraduiertenprogramm für Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien bei Mischa Kuball und Julia Scher durchlaufen. Ihre Arbeiten waren in internationalen Gruppenausstellungen zu sehen wie u.a. dem Format Situations des Fotomuseum Winterthur, CH (2019) dem Fotofestival Les Recontres d’Arles (2018) und der Triennale für Fotografie in Hamburg (2018).
C/O Berlin präsentiert ihre erste institutionelle Einzelausstellung. Ehrenstein war für diverse Preise nominiert und erhält aktuell ein DAAD Stipendium für ein Rechercheprojekt in Bogota, Kolumbien. Anna Ehrenstein lebt in Berlin, Köln und Tirana.
Emily Watlington
(*1993, USA) setzt sich mit aktueller Medienkunst und feministischer Ethik auseinander. Sie hat einen Abschluss in Kunstgeschichte (BFA) und einen Master of Science in Architecture Studies (SMArchS) im Programm History, Theory, and Critcism of Architecture and Art (HTC) am Massachusetts College of Art and Design absolviert. Watlington war 2018/2019 mit einem Fulbright Fellowship für Journalismus in Berlin und arbeitet derzeit als Assistant Editor bei der Art in America. Ihre Texte erschienen in Ausstellungskatalogen, Sammelbänden, Magazinen und Zeitschriften, u.a. in Art in America, Hyperallergic, Haunt Journal of Art, Frieze, Another Gaze, Mousse, Art Review und im Spike Art Magazine. Emily Watlington lebt in New York.
Die Expertenjury für die Kategorie Künstlerische Fotografie, Dr. Eva-Maria Fahrner-Tutsek (Vorstandsvorsitzende, Alexander Tutsek–Stiftung, München), Florian Ebner (Leiter der Abteilung Fotografie, Centre Pompidou, Paris), Michael Mack (Verleger und Gründer, Mack Books, London), Taiyo Onorato (Künstler, Zürich und Bovec, Slovenien), Dr. Kathrin Schönegg (Kuratorin, C/O Berlin) und Trine Skraastad (Bildredakteurin, u. a. bei Dummy, Fluter, Die Dame, Berlin) hat die diesjährige Gewinnerin Anna Ehrenstein und die Shortlist nominiert. Die Arbeiten der Shortlistkandidat*innen werden in der C/O Berlin Zeitung vorgestellt und in Kooperation mit Der Greif online präsentiert. Anna Ehrensteins Projekt Tools for Conviviality hat die Expertenjury durch die Verwendung, Thematisierung und Kritisierung neuer digitaler Formen überzeugt. Die Künstlerin reflektiert in ihrem Werk die Medien unserer Zeit und problematisiert soziokulturelle Folgen der Digitalisierung im globalen Kontext mit großer Leichtigkeit. Mit ihrem im Senegal entstandenen Projekt rückt Ehrenstein an die Stelle des dokumentarischen Blicks von Außen eine Methode der kollektiven Recherche am fremden Ort. Lokale Kreative werden eingebunden und multiplizieren die europäische Perspektive auf Technologien und Lebensentwürfe im westafrikanischen Raum. Tools for Conviviality entstand in Zusammenarbeit mit Awa Seck, Donkafele, Lydia Likibi, Saliou Ba, Nyamwathi Gichau.
Christina Töpfer (Chefredakteurin, Camera Austria) und Dr. Kathrin Schönegg (Kuratorin, C/O Berlin) haben in ihrer Jurysitzung für die Katergorie Theorie im April 2020 die Kunsthistorikerin Emily Watlington aus 32 internationalen Einsendungen ausgewählt. Watlingtons eingereichte Texte haben durch ihre Kennerschaft, theoretische Tiefe sowie den analytischen und gleichzeitig gut zugänglichen Stil überzeugt. In ihren bisherigen Arbeiten setzte sich die Autorin mit den Themen Digitalität und Zirkulation, Netz-Feminismus und geopolitische Machtstrukturen zwischen Westen und Osten auseinander. Sie bildet so den idealen wissenschaftlichen Spiegel zur diesjährig ausgezeichneten künstlerischen Arbeit.
Laura Ben Hayoun
Die algerisch-französische (Familien)Geschichte steht im Zentrum der Arbeit „Just one spark, and everything could explode“ von Laura Ben Hayoun (*1984, FR). Das Nachdenken über Kolonialismus, Rassismus, Folter und Terrorismus findet in der zweiten Generation über ein Reenactment mit ihrer Familie und über Found Footage statt: Ben Hayoun überzeugte durch eine persönlich motivierte aber nicht erlebte Auseinandersetzung und durch ein Narrativ, das mithilfe von Internetbildern, Archiven und Filmen aufbereitet und wiederbelebt wird.
Esther Hovers
Die Arbeit „Traveling Salesman“ von Hovers (*1991, NL) haben wir ohne Umweg in die enge Wahl genommen. Sie begeistert mit einem einfachen, smarten Konzept, basierend auf der Erzählung eines Spaziergangs und der logistischen Frage eines Handlungsreisenden: Was ist der kürzeste Weg durch eine Liste von Städten, bei der man jede Stadt genau einmal besucht und zur Ausgangsstadt zurückkehrt? „Traveling Salesman“ ist eine poetische Betrachtung über das Spiel zwischen Planung und der Unberechenbarkeit urbaner Räume.
Alexander Rosenkranz
Die Arbeit „City Cut Off“ von Alexander Rosenkranz (*1987, DE) begeisterte uns durch ihr einfaches und zugleich äußerst wirkungsvolles Spiel mit dem Medium: Mithilfe von Fotoapparat, Fotolabor und Fotokopierer werden analoge Stadtbilder an der Horizontlinie zerschnitten und – beinahe unsichtbar – neu miteinander kombiniert. Was sagt es über Planung und Bauweise des 21. Jahrhunderts aus, wenn verschiedene Ansichten der Stadt beliebig neu zusammencollagiert werden können, ohne dass eine merkbare visuelle Störung entsteht? Die Arbeit überzeugte als Kritik an Architektur und sozialen Lebensraum der urbanen Großstadt einerseits und als zeitgemäße Verwendung des tradierten Mittels der Montage andererseits, die den vielbesungenen dokumentarischen Charakter des Mediums früher wie heute Lügen straft.
Alina Schmuch
Die Arbeit „Interior“ von Alina Schmuch (*1987, DE) kreist um die Wasser-Infrastruktur im Ruhrgebiet und setzt sich mit der gegenseitigen Beeinflussung von Technologie und Mensch auseinander. Im Rückgriff auf Archivmaterialien und aktuellen, von Robotern aufgenommenen Bildern webt die Künstlerin eine Geschichte um die netzartigen Strukturen der Wasserläufe, die sich zwischen Sichtbarem, Unsichtbarem und Verborgenen bewegen. Mit ihrer Frage, wie sich der dokumentarische Charakter von Bildern heute verändert hat, passte Alina Schmuchs Projekt ideal ins Themenprofil des C/O Berlin Talent Awards 2020.