Zeitlos schön
Verführerisch, provokativ, banal, exzentrisch und vor allem mächtig – Modefotografie ist schon lange nicht mehr nur reine Auftragsarbeit und ästhetisierende Dokumentation. Vielmehr ist sie ein einzigartiges Experimentierfeld zwischen Kommerz und Kreativität, zwischen Mainstream und Subkultur, zwischen Industrie und Kunst. So paradox sie in ihrem Wesen und ihrer Umsetzung auch erscheinen mag, seit Anbeginn der Fotografie ist sie ein wichtiger Teil unserer visuellen Kultur. Wie kein anderes Genre hält die Modefotografie nicht nur den Zeitgeist der jeweiligen Dekaden, individuelle Sehnsüchte und gesellschaftliche Träume fest, sondern beeinflusst, regt an und fordert zur Partizipation und Nachahmung auf. Welch soziologische Dimension! Diese enorme Wirkungskraft hat der legendäre Verleger Condé Nast früh erkannt und für seine Magazine wie Vogue und Vanity Fair einen bis heute prägenden Stil entworfen. Seine Publikationen haben die Haute Couture erst zur Kunst erhoben. Mit seinem einzigartigen Gespür für die Entdeckung neuer Talente hat er die besten Fotografen entdeckt, die Karrieren renommiertester Modefotografen gefördert und damit ein ganzes künstlerisches Genre nachhaltig geprägt.
Kein anderes Segment der Fotografie hat so umfangreich und permanent neue Bilder generiert und sich immer wieder neu erfunden. In der Modefotografie wurden oft als erstes neue Bildsprachen und Ästhetiken erprobt, eng verbunden mit der Weiterentwicklung der Technik. Interessanterweise wurde seit den Anfängen der Modefotografie das Objekt selbst, die Mode, zunehmend aus dem Fokus verdrängt. Stattdessen wurde die Bildsprache des Fotografen immer dominanter, opulent inszenierte Bildkompositionen und aufwendige visuelle Gestaltungen immer wichtiger und die Bedeutung der Models nahm stark zu. So war und ist das Produzieren von reinen Modeaufnahmen nicht ausreichend – innovative, unverwechselbare Styles, Trends und Images mussten kreiert, immer neue Themen und Tabus gebrochen werden. Heutzutage sind die Grenzen zur kommerziellen Fotografie auf der einen und künstlerischen Praktiken auf der anderen Seite fließender – immer häufiger werden klassische Modefotografien auf dem Kunstmarkt gehandelt.